Samstag, 27. November 2010

Der „englische Patient“

Am Anfang stand wie immer die Frage: „Warum? “ Da kann ich im Grunde nur mit einem „nur so!“ antworten. Von rationellen Kaufgründen bin ich in meiner nun 22 Jahre währenden Opel-Fahr-Leidenschaft glaube ich schon vor etwa 20 Jahren abgerückt. Jetzt geht’s nur noch um Stil, Größe (weswegen für mich nie ein Kadett, egal welchen Typs in Frage käme) und natürlich Heckantrieb!

Tja, und damit habe ich mir ein recht enges Feld für die Fahrfreude abgesteckt. Alle Asconas, alle Mantas und fast alle Rekords waren dann mal irgendwann „Mein“. Auch die „großen Drei aus Rüsselsheim“, die KAD-Serie also, waren eines Tages so erschwinglich, dass sie sich in Form eines Diplomat 2,8 E und später auch V8 in den Kreis der Auserwählten einreihen konnten. Dann folgten auch schnell deren Nachfolger, wie Monza und Senator-A bis hin zu Omega-A und Senator-B. Nur der Admiral-A, mehr oder weniger ein Jugendtraum von mir, fehlte lange in der Sammlung, ließ sich aber dann, dank Internet-Auktionshaus auch irgendwann einmal in Baden-Württemberg erwerben.

Und so begab es sich Mitte 2006, ich steckte gerade in den Vorbereitungen für unser alljährliches Ascona-A/B-Treffen, welches auch noch in Ascona (Schweiz) stattfinden sollte, als mir eingebungsgleich durch den Kopf schoss, dass ein Bedford-Blitz noch in meiner Liste fehlte.

Ausgestattet mit Null Fahrzeugkenntnissen und ebensoviel Ahnung von Angebot und Nachfrage bei diesem markenfremdesten Modell aller Opel rief ich erst mal meinen Freund Dirk an, einen Autoverkäufer: Er möge doch mal Auge und Ohren offen halten, es eilte auch nicht.
Ich selbst hatte den Gedanken, ganz in Erwartung, es werde wohl lange dauern bis Dirk sich meldet, auch schon wieder verworfen. Bis es mir, so 14 Tage später, wieder in den Sinn kam. Ich saß eh gerade am Rechner, also begann ich mal im Internet zu suchen. Weder bei der Nummer Eins der Online-Gebrauchtwagen-Portale, noch bei der Nummer Zwei wurde ich fündig. „ Na...“, dachte ich laut, „da hast du dir ja was vorgenommen!“ (Später kam ich dann dahinter, dass ich nicht bei Opel, sondern bei Vauxhall hätte gucken müssen.)

 

Also warf ich den Begriff „Bedford-Blitz“ mal einer Suchmaschine hin, und siehe da, die Antwort kam prompt in Form des Bedford-Blitz-Forums. In dieses Forum war tags zuvor eine Verkaufsanzeige gesetzt worden, mit dem Titel: „Zwei sind Einer zuviel. Verkaufe 78’er Bedford-Blitz“. Dieses Angebot war so viel versprechend, dass ich nach Übermittlung weiterer Bilder und einer Besichtigung durch einen in der Nähe wohnenden Freund, eine Anzahlung per Überweisung leistete, um mir den Wagen zu sichern. Die Abholung bei Würzburg erfolgte dann gute 5 Wochen später auf dem Rückweg aus der Schweiz. Es war somit einer der ungewöhnlichsten Autokäufe, die ich bis dato tätigte.

Der „englische Patient“ brachte mich mit seiner schon riemengetriebenen 1800er Maschine und voll beladen mit zahlreichen Zugabeteilen gut nach Hause. Lediglich ein Zündkabel musste noch ersetzt werden, bis es dann endgültig auf die A7 gen Norden ging.

Das Auto war der Rest eines ehemals gut ausgestatteten Wohnmobils. Die Inneneinrichtung war nur noch fragmentiert vorhanden und konnte so auf keinen Fall bleiben. Auch zeigte sich der 4-fach übersetzte und schlecht abgestufte 1800er Motor bei Überlandfahrten absolut nervtötend. Für die obligatorische Winterpause war also soviel klar: Maschine raus (lag da nicht noch irgendwo in den Tiefen meiner Halle ein 2,2er samt Automat?) und den Ausbau renovieren und kindgerecht gestalten!

Dass aus dem 2,2’er dann ein 3.0i 24V mit Automat wurde, liegt zum einen an der Liebe zu diesen Motoren und zum anderen an dem Überangebot dieser Triebwerke in meinem Fundus. Trotz des cW-Wertes einer Einbauküche sind mit dieser Motorisierung bei Bedarf Geschwindigkeiten jenseits der 200km/h-Marke kein Problem.
Für die kindgerechte Ausstattung sorgt nun eine Sitzbank mit intrigierten 3-Punktgurten, und Fahrer sowie Beifahrer nehmen auf angepassten Omega-Stühlen platz. Die dem Original nachempfundene und voll einsatzfähige Kombination aus Sitz- und Liegefläche tut ihr Übriges, um den Bedford zu einem vollwertigen Familienauto zu machen.
Die Karosserie bedurfte, bis auf die dem Aggregatwechsel zuzuschreibenden Änderungen, keinerlei Handanlegens und so war dieser Punkt mit einer ausgiebigen Hohlraumversiegelung schnell abgehakt.


Wenn man anfängt sich mit einem „Engländer“ einzulassen, muss man, neben den Sprachkenntnissen, nicht nur seinen Werkzeugkasten und seinen Schraubenschrank, sondern auch seinen Bekanntenkreis aufstocken. Ein Auto, das kaum jemand kennt und dessen heutige Zulassungszahlen hierzulande wohl auf der Höhe eines Aston Martin Lagonda anzusiedeln sind - sehen wir mal von den noch zahlreichen Bedford-Hymer-Mutationen ab - bedarf eines völlig neuen Schrauber-Horizonts. Und wenn man dann noch auf Alt-Opel-Treffen einen Meister von „früher“ trifft, der die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, wenn er an die Bedfords denkt und wenn dieser Meister dann noch Geschichten wie: „…wir haben früher immer gelost, wer DIE reparieren MUSS oder es war ein Kollege, der anderweitig mal Mist gebaut hatte“, von sich gibt, ja dann weiß man, es ist die richtige Entscheidung, einen Badford-Blitz zu fahren!

Dieser Artikel erschien im ausverkauften ABGEFAHREN Magazin #01
Text: Der Commander
Fotos: Jel Car Photography

1 Kommentar:

  1. Ein geiles Teil, mein Vater hatte einen originalen Bedford (ohne Blitz) mit genau dieser Karosserie in den 70er als Handwerkerfahrzeug gefahren. Damals bei Auto-Staiger in HN gekauft.
    Ging leider den Weg der Beulenpest und war bereits ca. 1980 fertig. Grüße und viel Spaß Michael

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