Montag, 29. November 2010

Fotoshooting "Dani + Chevrolet Caprice"



Vom Shooting für Ausgabe #6 haben wir nicht nur tolle Bilder von Dani und ihrem fahrenden Sofa mitgebracht, sondern auch ein ordentliches Burnout-Video.

Die Bilder gibt's wie immer bei Flickr, das Video bei Youtube!





Samstag, 27. November 2010

Der „englische Patient“

Am Anfang stand wie immer die Frage: „Warum? “ Da kann ich im Grunde nur mit einem „nur so!“ antworten. Von rationellen Kaufgründen bin ich in meiner nun 22 Jahre währenden Opel-Fahr-Leidenschaft glaube ich schon vor etwa 20 Jahren abgerückt. Jetzt geht’s nur noch um Stil, Größe (weswegen für mich nie ein Kadett, egal welchen Typs in Frage käme) und natürlich Heckantrieb!

Tja, und damit habe ich mir ein recht enges Feld für die Fahrfreude abgesteckt. Alle Asconas, alle Mantas und fast alle Rekords waren dann mal irgendwann „Mein“. Auch die „großen Drei aus Rüsselsheim“, die KAD-Serie also, waren eines Tages so erschwinglich, dass sie sich in Form eines Diplomat 2,8 E und später auch V8 in den Kreis der Auserwählten einreihen konnten. Dann folgten auch schnell deren Nachfolger, wie Monza und Senator-A bis hin zu Omega-A und Senator-B. Nur der Admiral-A, mehr oder weniger ein Jugendtraum von mir, fehlte lange in der Sammlung, ließ sich aber dann, dank Internet-Auktionshaus auch irgendwann einmal in Baden-Württemberg erwerben.

Und so begab es sich Mitte 2006, ich steckte gerade in den Vorbereitungen für unser alljährliches Ascona-A/B-Treffen, welches auch noch in Ascona (Schweiz) stattfinden sollte, als mir eingebungsgleich durch den Kopf schoss, dass ein Bedford-Blitz noch in meiner Liste fehlte.

Ausgestattet mit Null Fahrzeugkenntnissen und ebensoviel Ahnung von Angebot und Nachfrage bei diesem markenfremdesten Modell aller Opel rief ich erst mal meinen Freund Dirk an, einen Autoverkäufer: Er möge doch mal Auge und Ohren offen halten, es eilte auch nicht.
Ich selbst hatte den Gedanken, ganz in Erwartung, es werde wohl lange dauern bis Dirk sich meldet, auch schon wieder verworfen. Bis es mir, so 14 Tage später, wieder in den Sinn kam. Ich saß eh gerade am Rechner, also begann ich mal im Internet zu suchen. Weder bei der Nummer Eins der Online-Gebrauchtwagen-Portale, noch bei der Nummer Zwei wurde ich fündig. „ Na...“, dachte ich laut, „da hast du dir ja was vorgenommen!“ (Später kam ich dann dahinter, dass ich nicht bei Opel, sondern bei Vauxhall hätte gucken müssen.)

 

Also warf ich den Begriff „Bedford-Blitz“ mal einer Suchmaschine hin, und siehe da, die Antwort kam prompt in Form des Bedford-Blitz-Forums. In dieses Forum war tags zuvor eine Verkaufsanzeige gesetzt worden, mit dem Titel: „Zwei sind Einer zuviel. Verkaufe 78’er Bedford-Blitz“. Dieses Angebot war so viel versprechend, dass ich nach Übermittlung weiterer Bilder und einer Besichtigung durch einen in der Nähe wohnenden Freund, eine Anzahlung per Überweisung leistete, um mir den Wagen zu sichern. Die Abholung bei Würzburg erfolgte dann gute 5 Wochen später auf dem Rückweg aus der Schweiz. Es war somit einer der ungewöhnlichsten Autokäufe, die ich bis dato tätigte.

Der „englische Patient“ brachte mich mit seiner schon riemengetriebenen 1800er Maschine und voll beladen mit zahlreichen Zugabeteilen gut nach Hause. Lediglich ein Zündkabel musste noch ersetzt werden, bis es dann endgültig auf die A7 gen Norden ging.

Das Auto war der Rest eines ehemals gut ausgestatteten Wohnmobils. Die Inneneinrichtung war nur noch fragmentiert vorhanden und konnte so auf keinen Fall bleiben. Auch zeigte sich der 4-fach übersetzte und schlecht abgestufte 1800er Motor bei Überlandfahrten absolut nervtötend. Für die obligatorische Winterpause war also soviel klar: Maschine raus (lag da nicht noch irgendwo in den Tiefen meiner Halle ein 2,2er samt Automat?) und den Ausbau renovieren und kindgerecht gestalten!

Dass aus dem 2,2’er dann ein 3.0i 24V mit Automat wurde, liegt zum einen an der Liebe zu diesen Motoren und zum anderen an dem Überangebot dieser Triebwerke in meinem Fundus. Trotz des cW-Wertes einer Einbauküche sind mit dieser Motorisierung bei Bedarf Geschwindigkeiten jenseits der 200km/h-Marke kein Problem.
Für die kindgerechte Ausstattung sorgt nun eine Sitzbank mit intrigierten 3-Punktgurten, und Fahrer sowie Beifahrer nehmen auf angepassten Omega-Stühlen platz. Die dem Original nachempfundene und voll einsatzfähige Kombination aus Sitz- und Liegefläche tut ihr Übriges, um den Bedford zu einem vollwertigen Familienauto zu machen.
Die Karosserie bedurfte, bis auf die dem Aggregatwechsel zuzuschreibenden Änderungen, keinerlei Handanlegens und so war dieser Punkt mit einer ausgiebigen Hohlraumversiegelung schnell abgehakt.


Wenn man anfängt sich mit einem „Engländer“ einzulassen, muss man, neben den Sprachkenntnissen, nicht nur seinen Werkzeugkasten und seinen Schraubenschrank, sondern auch seinen Bekanntenkreis aufstocken. Ein Auto, das kaum jemand kennt und dessen heutige Zulassungszahlen hierzulande wohl auf der Höhe eines Aston Martin Lagonda anzusiedeln sind - sehen wir mal von den noch zahlreichen Bedford-Hymer-Mutationen ab - bedarf eines völlig neuen Schrauber-Horizonts. Und wenn man dann noch auf Alt-Opel-Treffen einen Meister von „früher“ trifft, der die Hände über dem Kopf zusammenschlägt, wenn er an die Bedfords denkt und wenn dieser Meister dann noch Geschichten wie: „…wir haben früher immer gelost, wer DIE reparieren MUSS oder es war ein Kollege, der anderweitig mal Mist gebaut hatte“, von sich gibt, ja dann weiß man, es ist die richtige Entscheidung, einen Badford-Blitz zu fahren!

Dieser Artikel erschien im ausverkauften ABGEFAHREN Magazin #01
Text: Der Commander
Fotos: Jel Car Photography

Montag, 22. November 2010

Covershooting für Ausgabe #06

Für die aktuelle Ausgabe #06 haben wir Model Kiki und den Scheunenfund Lotus Super7 fotografiert, eine Anzahl ausgewählter Bilder könnt ihr euch in unserem Flickr-Account ansehen. Hier geht's lang!




Detroit - Gegenwart der Motorcity

Reist man heute in die einzig wahre Autostadt, so kann man den vergangenen Boom der einst  ruhmreichen Automobilindustrie nur erahnen. Die Stadt, in der bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts 9 von 10 aller amerikanischen Automobile vom Band liefen, hat ihren Glanz schon lange verloren.


© GM Media
 Mit der Auslagerung der Produktion in die Vororte bzw. größtenteils auch in den Süden des Landes, begannen die „großen Drei“, General Motors, Ford und Chrysler, bereits Ende der 1960er Jahre. Suburbanisierung, Arbeitslosigkeit und soziale Konflikte waren die fatalen Folgen, von denen sich die Motorcity bis heute nicht mehr erholen konnte.


1899 eröffnete Ransom Olds die erste Autofabrik in Detroit. Kurze Zeit später folgten andere Gründer wie z.B. Henry M. Leland (Cadillac Automobile Co.), David D. Buick und auch Henry Ford, der 1913 das Fließband einführte, um sein T-Modell noch günstiger produzieren zu können.

General Motors wurde am 16. September 1908 von William C. Durant gegründet, welcher in den kommenden Jahren viele weitere Marken wie z.B. Buick, Oldsmobile oder Cadillac erwarb. In den 20ern expandierten die „großen Drei“ auch in viele europäische Länder, so wurde unter anderem der damals größte Autohersteller Europas, Opel aus Rüsselsheim, von GM übernommen.


© GM Media


Die Entwicklung des Automobils war kaum zu stoppen. 1939 wurden die ersten Automatikgetriebe bei Oldsmobile eingebaut. Mit der Ära der ersten Straßenkreuzer kam 1951 die Servolenkung auf dem Markt. Auch das Design entwickelte sich seit Beginn des 20. Jahrhunderts ständig weiter. Verglichen mit den ersten „motorisierten Kutschen“ setzten die Modelle der 30er Jahre ganz neue Maßstäbe. Der Cadillac La Salle war das erste von einem Designer entworfene Auto.
Spätere Modelle der 60er und 70er Jahre aus den Detroiter Ateliers galten damals als Taktgeber modernen Industriedesigns. Wer sich die schönen Linienführungen der damaligen Karossen anschaut und diese mit den aktuellen charakterlosen Modellreihen vergleicht, weiß, welch positiven Einfluss der wirtschaftliche Erfolg der Autobauer damals auf die Designer hatte.


© Chrysler Group LLC.
 Die Stadtdichte wuchs rapide an, Fabrikarbeiter wurden gebraucht und auch sehr gut bezahlt. Auf die Frage, warum Henry Ford seine Arbeiter so gut bezahle, antwortete er folgerichtig: „Damit sie sich meine Autos leisten können“.
Die „großen Drei“ schufen die Autostadt schlechthin. In Detroit gab es die erste Stadtautobahn, die ersten riesigen Shopping-Malls am Stadtrand. Es entstand ein Wolkenkratzer nach dem anderen. Theater- und Kinopaläste säumten die Straßen. Stolz wurde 1955 die Straßenbahn demontiert, die unrentabel geworden war: Die Arbeiter konnten und hatten sich ein Auto zu leisten. Doch die Kehrtwende erfolgte prompt: Die „Detroit Riots“, soziale Unruhen, die jeweils in den Jahren 1943 und 1967 eskalierten, führten dazu, dass die weiße Arbeiterschaft aus dem Zentrum fast fluchtartig in die Vorstädte zog, wo es ruhiger zuging.

Fast 2 Millionen Einwohner hatte einst die Motorcity am Höhepunkt des automobilen Aufstiegs. Heute sind es gerade mal 900.000 Menschen. Der Großteil davon lebt in den Suburbs, Vororte mit netten, gepflegten Häuschen und Gärtchen. 78% der Bevölkerung sind Weiße mit überdurchschnittlichem Einkommen.

Das Kontrastprogramm dazu bietet Detroit Downtown: Verfallene, ausgebrannte Häuser prägen das Stadtbild. Zahlreiche Kaufhäuser, Büros und öffentliche Einrichtungen sind verwaist. In manchen Straßenzügen gleicht Motorcity einer Geisterstadt.


© GM Media

In einschlägigen Gegenden wird an roten Ampeln generell nicht angehalten, zu groß ist die Angst, Opfer eines am hellen Tage stattfindenden Raubüberfalls zu werden. Und das mit Recht: Die Stadt rangiert auf Platz drei der US-Kriminalstatistik.
Viele Fenster sind mit Sperrholzplatten vernagelt, Hunde streunen umher. Aus verwahrlosten Fabrikgebäuden demontieren Junkies Kupferbleche und Regenrinnen aus Metall, um ihre Sucht zu finanzieren. Insgesamt leben nur noch
26% der Bewohner in der Inner City. In den letzten 30 Jahren wurden über 100.000 Gebäude abgerissen, Neubauten kamen kaum hinzu. Der Großteil der Flächen sind nun Brachland, Wiesen oder ungepflegte Parkplätze.

Staatliche Versuche der Reurbanisierung hatten bislang nur mäßigen Erfolg. 1977 wurde am Detroit River das Renaissance Center errichtet, welches mit integriertem Hotel, Restaurants, Geschäften sowie mit modernen Büroflächen zur Stadtbelebung beitragen sollte. Heute ist es das Hauptquartier von General Motors - einst der größte Autobauer der Welt, im vergangenen Jahr kurz vor dem Aus.

Aktuelle Bilder aus der Motorcity gibts bei Flickr.

Dieser Artikel erschien im ausverkauften ABGEFAHREN Magazin #01
Text: Alex Boehm

Mittwoch, 17. November 2010

AUSGABE #06 - Jetzt lieferbar!


Aktuelle Ausgabe! #6 des ABGEFAHREN Magazins, man darf gespannt sein auf folgende Themen:

BMW E28 - Strassen-Guerilla im 520i
Opel Diplomat V8 - Ein Auto mit Geschichte
Chevrolet Caprice - Wie frisch vom Schrottplatz gezogen
Ford Mustang III - 5.0 V8 Cobra
Ford Mustang I - Eleanor's Bad Sister
Ford Taunus - Ein P7a im Alltag
Banjo GT Coupé - 1 von 3
Wartburg 311 - Der wird doch noch lackiert, oder?
Volkswagen Typ 1 - Rattig, Laut, Geil! 
 
Sofort lieferbar! Jetzt bestellen!

Dienstag, 16. November 2010

2. Klassik Rallye Rüsselsheim

Am letzten Wochenende haben wir mit zwei Teams bei der Klassik Rallye Rüsselsheim teilgenommen und den 13. und 16. Platz gemacht.

Veranstaltungsort Opel-Werkshalle K48 
Corsa A im Rallye-Trimm


Wir bekamen einen Ascona A aus der Opel-Classic-Sammlung gestellt. Mit dem Flair eines "Neuwagens" ging es auf Erkundungstour durch Rüsselsheim und Umgebung.

Der Ascona auf dem Neroberg, Russisch-Orthodoxe Kirche

Mit dem Museums-Ascona durchbrachen wir die 20000-Kilometer-Marke

Als zweites Redaktionsteam: KLE vom Fusselblog und Navigator Marcus starteten im Pirat.

Commodore A bei der letzten Sonderprüfung

Ford Mustang

Das Redaktionsteam in Aktion

Commodore B


BMW 2002


Einen ausführlicheren Bericht wird es in Ausgabe #7 geben.
Weitere Bilder gibt es in unserem Flickr-Account.

Sonntag, 7. November 2010

Untertürkheimer Schlachtschiff

Guten Tag, mein Name ist Matti Alexander Bohm. Ich komme ursprünglich aus der Nähe von Oldenburg und bin Halb-Finne. Die Begeisterung für alte Autos äußerte sich bei mir bereits in jungen Jahren, mein alter Herr musste mit mir früher immer nach Bockhorn oder zur Techno Classica pilgern. Auch mochte ich damals lieber mit alten, verranzten Matchbox-Autos spielen, die vom Flohmarkt kamen, als mit den neuen aus der Packung.

Meine erste alte Karre stand konsequenterweise dann schon kurz vor meinem 17ten Geburtstag vor der Tür. Dass der für 960 Euro ersteigerte Commo B meinem Vater viele Kopfschmerzen und mir dafür umso mehr ungeahnte Freude bereiten würde, war spätestens ab diesem Moment klar. Dennoch möchte ich an dieser Stelle meinem Vater Hartmut danken, der mich bereits in jungen Jahren auf die automobile Überholspur gezerrt hat. Letzten Endes führten meine positiven Erfahrungen mit dem Commo dazu, dass mein Vater seine alle 3 bis 4 Jahre wechselnden Neuwagen gegen einen amtlichen 91er 560 SEC wechselte.

Dass dem Commo bis zum heutigen Tage noch 12 weitere mehr oder weniger verlebte Blechschlampen folgen sollten, konnten mein alter Herr und ich damals noch nicht ahnen. Falls er es doch gewusst hätte, so hätte er wahrscheinlich schon beim Commo sein Veto eingelegt, um mich vor der Altblechsucht zu bewahren. Die hat mich nämlich inzwischen voll im Griff und zum Glück gibt es dafür keine Ersatzdroge.

Diese Sucht hat mich nun ins Detroit Deutschlands geführt – nach Stuttgart, wo ich eine Ausbildung zum Mechatroniker in einem bekannten Restaurierungsbetrieb für 300 SL absolviere. Ein Ende dieser Leidenschaft ist nicht abzusehen und vermutlich werden mich alte Autos bis zu meinem letzten Atemzug beschäftigen und vor allem bewegen, selbst wenn es für mich bedeuten würde, dass ich wie Mel Gibson in „Mad Max“ mir die letzten fossilen Brennstoffe erkämpfen müsste.


So viel zu meiner Person, kommen wir nun zu den wichtigen Dingen im Leben - dem Benzingeruch verbreitenden Untertürkheimer Schlachtschiff vor meiner Haustür. Was soll man zu einem Auto schreiben, über das schon so viel veröffentlicht wurde? Ich könnte mich der Geschichte des W116 mit der selben schwäbisch-peniblen Art widmen, wie sie wohl damals auch die Ingenieure bei Mercedes an den Tag gelegt haben, doch das führt zu weit und meilenweit an der Geschichte vorbei, die ich erzählen möchte. Hier geht es nicht um ein Ausstellungsstück, das tot konserviert wie ein ägyptischer Pharao irgendwo herumsteht. Also wozu der Geschichte mehr Aufmerksamkeit schenken als der Gegenwart? Denn im Gegensatz zum erwähnten ägyptischen Klopapierhalter lebt mein Benz noch – und wie!

Der Benz ist meine Alltagsschlampe, also berichte ich doch lieber von den Erfahrungen im Alltag.
Ich war nie ein großer Fan vom 116er, aber der Zufall wollte es, dass ich doch zu einem kam. Nach glücklosen Affären mit zwei Kleinwagen als Winterautos musste wieder was Amtliches her. Glück, dass mein Arbeitskollege einen 78er W116 280S hatte, der verschwinden sollte, um dem elterlichen Carport wieder Freiraum zu gönnen.
Also hingefahren, angeschaut und gleich beschlossen, den Wagen mitzunehmen und wieder auf die Straße zu bringen. Drei Jahre hatte der Wagen insgesamt gestanden, davon ein Jahr ungeschützt und ohne Drehen des Motors unter besagtem Carport. Der classicweiße Lack war stumpf wie eine Schultafel und das Weiß betonte doch sehr schön die vielen kleinen beginnenden Rostflecken. Der Wagen hatte natürlich keinen TÜV oder gar ein H-Gutachten und hielt einiges an Arbeit bereit, bot aber die perfekte Basis für einen patinierten Alltags-Schlachtkreuzer, der bereit ist für den harten Einsatz im rauen Verkehrskrieg der Großstadt.


Bevor der Tausender auf den Tisch gelegt wurde, also erstmal gründliche Bestandsaufnahme. 97tsd originale Kilometer, elektrisches Stahlschiebedach, Servolenkung und Automatik mit Wählhebel am Lenkrad. Nach einem Jahr Standzeit befand sich nicht der geringste Ölfleck auf dem staubigen Boden! Sogar die Kaufunterlagen und die Visitenkarte des damaligen Verkäufers waren noch vorhanden. Nachdem eine neue Batterie in den verschwenderisch großen Motorraum geschmissen wurde, verrichteten alle Verbraucher und Anzeigen sofort und ohne Geräusche ihren Dienst. Beim ersten Startversuch lief dann erstmal literweise alter Oktansaft durch die alten Spritschläuche, die nur noch von der Gewebehülle zusammengehalten wurden. Also getauscht und siehe da: der Motor sprang auf Schlag und ohne zu orgeln an und verrichtete mit der Ruhe und Zurückhaltung seinen Dienst, wie es damals seine Erbauer vorgesehen hatten. Kein Rauchen, kein Husten - Abfahrt!

Die 650 km Richtung Norden legte der Wagen ohne vorherigen Service zurück und machte keinerlei Probleme. Anschließend ging’s dann im Heimaturlaub in Norddeutschland ans Eingemachte. Front und Heck komplett zerlegen, entrosten und lackieren, Lack wiederbeleben, Bremsen rundum, alle Flüssigkeiten und Filter tauschen, Innenraum aufarbeiten, den Auspuff erneuern und den üblichen Kleinkram, den jeder kennt, der selbst an altem Blech schraubt.
Da die 14-Zoll-Steelies mit Radkappen und 185er-Pellen alles andere als standesgemäß an diesem Auto aussahen und eben auch der Straßenlage nicht sonderlich gut taten, kamen noch zeitgenössische 15-Zoll-Melber-Alus mit 205er-Bereifung im damaligen AMG-Design auf den Wagen. So bekam der 116er frischen TÜV ohne jegliche erkennbare Mängel und auch das H-Gutachten war nur noch eine Formalität.



Also ging’s mit dem Wagen wieder zurück Richtung Stuttgart. Ich habe seitdem ca. 10tsd km Alltagsbetrieb mit dem Wagen erlebt und bis auf ein lockeres Kabel am Sicherungskasten keine Probleme gehabt. Die Innenausstattung in Verbindung mit dem Fahrwerk bietet ein sehr komfortables, nahezu modernes Fahrgefühl, wie man es einem 31 Jahre alten Auto nicht zutrauen würde. Der Wagen lässt sich im Großstadtdschungel trotz seiner annähernd 1700 kg Leergewicht absolut souverän dirigieren und auch das Einparken ist trotz seiner gewaltigen Abmessungen von knapp 5 Metern in der Länge und fast 1,90 Metern Breite ein absolutes Kinderspiel. An alle Ingenieure: baut die Autos wieder eckig, dann braucht man auch keine Einparkhilfen jeglicher Art!
Dass der 2,8-Liter-Reihensechszylinder „Hemi“ (ja, der 280er besaß halbkugelförmige Brennräume) mit Querstromkopf aus Aluminium sowie doppelten, oben liegenden Nockenwellen und seinem eher sportlichen Charakter (226 NM) alles andere als ideal für diesen Stuttgarter Panzer ist, muss wohl nicht erwähnt werden. Das können die V8 in 350, 450 oder 450er 6.9 Version besser!

Im unteren Bereich wirkt der Motor doch recht müde und angestrengt, kommt er allerdings in die oberen Drehzahlbereiche, so gewinnt die ganze Fuhre dann doch deutlich an Fahrt und Beschleunigungsvermögen, auch wenn der Wagen eindeutig ein Cruiser der alten Schule ist. Null Fahrgeräusche, null Klappern oder Knarzen. Alles funktioniert kaum spürbar und butterweich.

Heißt's beim Ampelstart dann ausnahmsweise mal doch „Pedal to the Metal“, so ziehen die von einem Solex-Registervergaser befeuerten 160 Pferde die Kutsche durchaus vehement bis 100 km/h nach vorn, sofern die ersten drei Gänge der 4-Gang-Automatik voll ausgedreht werden. Auf der Autobahn ist dann bei Tacho 200 und echten 185-190 km/h Schluss mit dem Vorwärtsdrang. Aus dem Verlangen nach Drehzahl und dem schweren Wagen in Verbindung mit einer Automatik resultieren dann dementsprechend Verbrauchswerte bis hoch zu 19 Litern Super auf 100 Kilometern! Dank des 96-Liter-Tanks ist dadurch trotzdem genügend Reichweite sichergestellt, ebenso wie ein glückliches Gesicht jedes Tankstellenpächters zwischen Flensburg und München. Ein weiterer erwähnenswerter Punkt ist das doch sehr amerikanische Design des 116er mit den doppelten, massiven Chromstoßstangen und dem großflächigen und glatten Design. Es wirkt fast so, als wäre er aus dem Vollen gefräst. Doch was soll ich ihn großartig beschreiben, schaut nur die Bilder an und ihr wisst, was ich meine.

Abschließend kann man sagen, dass der W116 sich in der heutigen Zeit nicht verstecken muss. Egal ob Fahrkomfort, Geräuschkulisse, Fahrleistungen oder Design. Er ist absolut ohne Wenn und Aber alltagstauglich - wenn man nicht gerade Kurierfahrer ist (ja ja, der Spritverbrauch …). Außerdem gibt es ausreichend gebrauchte Ersatzteile für diese Baureihe. Dass man beim freundlichen Daimler-Vertragshändler nahezu alle Teile neu bekommt, ist obligatorisch.


Dieser Artikel erschien im ABGEFAHREN Magazin #3Text und Fotos: Matti A. Bohm

Mittwoch, 3. November 2010

Mit Vollgas aus der Kurve


Ist es nicht schon merkwürdig, wie sich einige Dinge, denen wir in unserer Kindheit „im Vorbeiflug“ begegneten, in den tiefsten Regionen unserer Erinnerung festsetzen, um dann eines Tages, einem Vulkanausbruch gleich, an die Oberfläche zu treten??? Ausgelöst durch ebenso unterschwellige Reize, wie die, durch die sie sich einst vergruben! Sei es der Alt-Radio-Tick, der Nierentisch-Sammelwahn oder meinetwegen der Modellauto-Kaufzwang. Alles Dinge, die plötzlich und unerwartet aus dem Dunkel der Kindheitserinnerungen ins Licht der Gegenwart treten, um fortan unser Tun und Handeln stark zu beeinflussen, wenn nicht gar zu dominieren.
Die ersten 10 Exemplare einer wie auch immer gearteten Sammelserie werden noch damit entschuldigt, „dass sie einem zuliefen“. Erworben für kleines Geld oder geschenkt bekommen. Sollten man sie der Wegwerfmentalität ihrer bisherigen Besitzer überlassen??? NEIN!!!

Danach fängt man langsam an zu registrieren, dass man ja erstaunlicherweise gar nicht der Einzige ist, der sich für den „Plunder“ interessiert. Es kristallisieren sich zudem noch in einer jeden Sammelgruppe gewisse Exoten heraus, bei denen es obendrein noch ein MUSS ist, sie zu besitzen, was aber dummerweise meist richtig ins Geld geht. Da ist dann spätestens der Punkt erreicht, wo man es nicht mehr mit „Retten vor der Mülltonne“ entschuldigen kann, was man da so treibt. Und wenn dann noch der sauer verdiente Jahresurlaub nicht an Orte der Muße und Kultur führt, sondern zu Stätten mit in der Szene besonders bekannten und „lohnenden“ Flohmärkten, nur weil eben das EINE Stück noch fehlt, ja dann ..., dann ist in der Regel alles zu spät - man ist ein Sammler!!! Von da an, so wird der geneigte Leser wissen, geht man den Weg meist allein, zumindest was die Familie betrifft. Denn den/die Lebensgefährt(e)in bei dieser Wahnausprägung auf seiner Seite zu wissen, das kommt doch äußerst selten vor.

Da hat es Dieter, der Protagonist dieser Story, mit Nadine, seiner Frau, doch um Einiges besser getroffen – aber seht selbst!



Dieter begann vor ca. 10 Jahren, da war er Anfang 30, seinen unerfüllten Kindheitswunsch zu realisieren. Denn in Kindertagen hat es „nur“ eine Märklineisenbahn gegeben, statt der ersehnten Carrera-Bahn. Vor etwa einer Dekade begab es sich nun, dass Dieter kopfüber im Nachlass eines verstorbenen Nachbarn kramte, um der Witwe bei der Entsorgung etlichen, wie sie es nannte „Zeugs“, zur Hand zu gehen.
Unter kiloschweren Schmökern der letzten 5 Jahrzehnte glänzten plötzlich breite, schwarze Kunststoffplatten hervor. Ihm war dieser Anblick irgendwie vertraut. War da mal was, in vergangenen Zeiten??? Es dämmerte langsam aber sicher. Weiteres und energischeres Graben führte dann Polistil-Bahn-Segmente zu Tage.
Dieser Fund setzte eine Kettenreaktion in Gange, die bis heute anhält. Flugs wurden die ersten von bisher fast 100 Fahrzeugen gekauft. Doch erste Fahrversuche auf den Platten zeigten leider, dass die dauerhafte Unterbringung in einem feuchten Keller auch diese altern lässt. Kurzum: die Platten waren Schrott, die Luftfeuchtigkeit hatte den Metallschienen zu stark zugesetzt. Was nun??? Ab in den nächsten Spielwarenladen und ein Carrera-Starter-Kit gekauft.
Kurze Zeit später ...


Weiter geht's in Ausgabe #4, hier bestellen!

Text: Der Commander
Fotos: Jelka Tomaschewski